Ein Sportkletterer, gesichert mit einem Seil, klettert auf einen Felsen.
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In der Fränkischen Schweiz tauschen Kletterer an den Felsrouten Metallhaken aus, die in die Jahre gekommenen sind.

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Am stählernen Haken – diese Männer sanieren Kletter-Routen

Die Sportler in der Fränkischen Schweiz verlassen sich auf die Haken, an denen sie ihre Karabiner einhängen. Doch die kleinen Lebensversicherungen halten nicht ewig. Ein Team aus Freiwilligen tauscht in die Jahre gekommenes Metall aus.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Das Klettergebiet in der Fränkischen Schweiz ist eines der größten in Europa. Sportlerinnen und Sportler aus der ganzen Welt strömen im Sommer in die Wälder, um die Routen im löchrigen Kalkstein zu genießen. Doch einige der Haken, an denen die Kletterer ihre Karabiner einhängen, sind 50 Jahre alt oder sogar noch älter. Wenn sie rosten oder locker werden, treten ehrenamtliche Routen-Sanierer auf den Plan.

Von Problemen erfahren sie von den Kletterern selbst. Wenn diese bemerken, dass mit den Sicherungshaken etwas nicht stimmt, können sie das der Interessensgemeinschaft Klettern melden. Jürgen Kollert ist dort Vorstand und saniert seit über 50 Jahren Routen. Er hat sich mit Guido Köstermeyer, dem Gebietsbetreuer Frankenjura des Deutschen Alpenvereins (DAV), am Leienfelser Türmchen in der Nähe von Pottenstein verabredet. "Hier haben wir einen alten Haken, das ist eine selbstgebaute Lasche. Das entspricht nicht mehr den Standards", erklärt Köstermeyer. Die Männer tauschen die Lasche nun aus.

Wer sanieren will, muss klettern können

Kollert bleibt am Boden und sichert. Köstermeyer klettert den Fels hoch, hängt das Seil unterhalb der Spitze ein und lässt sich bis zum alten Haken ab. Dort klopft er erst einmal das Gestein ab, um zu testen, ob er überhaupt ein neues Loch bohren kann. "Die Qualität ist gut, ich kann den Haken direkt daneben setzen", erklärt er. Und dann geht es ganz schnell: Köstermeyer bohrt ein Loch, pustet den Staub heraus, spritzt Verbundmittel rein, schiebt den neuen Haken hinterher – fertig.

Erfindergeist aus Nürnberg

Der Edelstahlhaken, den er verwendet, heißt "Bühlerhaken". Sein Erfinder, Oskar Bühler, war Nürnberger und ist selbst viel in der Fränkischen Schweiz geklettert. Zuvor wurden die Haken einfach wie ein Nagel in die Wand geschlagen. Bühlers Haken hingegen werden einzementiert, damals, vor 70 Jahren, war das neu. Außerdem war der Bühlerhaken der erste, der aus rostfreiem Stahl bestand. Die Haken und deren Abwandlungen sind heute auf der ganzen Welt im Einsatz.

Für seine ersten Haken hat Bühler noch mit Hammer und Meißel Löcher in die Felswand geschlagen. "Das konnte schonmal eine Stunde dauern", sagt Kollert. Heute ist das Loch nach wenigen Sekunden gebohrt. Und auch der Zwei-Komponenten-Kleber – damals haben die Routen-Sanierer Schnellzement verwendet – hatte deutlich länger zum Trocknen gebraucht, als die Mischungen heute. Die sind, wenn es warm ist, nach wenigen Minuten fest.

IG Klettern stellt das Material

An dem Tag Ende April, an dem Kollert und Köstermeyer am Leienfelser Türmchen werkeln, schneit es. Die Männer stört das nicht, die Routen restaurieren sie lieber im Winter. "Im Sommer will ich ja selbst klettern", sagt Köstermeyer. Allerdings dauert es bei den niedrigen Temperaturen etwas länger, bis das Verbundmittel anzieht.

Die Ausrüstung für die Sanierung stellt die IG Klettern. "Und bei rund 60.000 Haken, die es im Frankenjura gibt, kommt da einiges zusammen", sagt Kollert. Das Gebiet ist riesig: über 12.000 Routen stehen Kletter-Fans an rund 1.200 Felsen zur Verfügung.

Jeder Sportler trägt das Risiko selbst

Die Verantwortung dafür, dass die Sportlerinnen und Sportler sicher bis ans Ziel kommen, trägt aber jeder selbst. "Die Routen sind ja keine Wege, für die jemand verantwortlich gemacht werden könnte", sagt Kollert. Jeder Kletterer müsse selbst prüfen, ob er oder sie den Haken, die in der Wand stecken, vertraut.

Klettern – aber naturverträglich

Aber nicht nur auf die eigene Sicherheit müssen die Kletterer Acht geben. Die Kletterfelsen liegen mitten im Wald, die Sportlerinnen und Sportler sind dafür verantwortlich, dass sie die Natur nicht beschädigen. "Diese bewachsenen Bereiche hier sollte man zum Beispiel meiden", sagt Köstermeyer und zeigt auf eine moosbewachsene Fläche am Fels. Er beschäftigt sich beim DAV auch mit dem Thema Naturschutz. Und der geht noch viel weiter: Denn in den Felsen leben viele verschiedene Tiere. Insekten, aber auch Eidechsen, Siebenschläfer und verschiedene Vogelarten. Wenn etwa Uhus oder Wanderfalken nahe der Kletter-Routen brüten, sollte dort erst einmal niemand mehr unterwegs sein.

"Die Abstimmung mit den Staatsforsten, dem Landesbund für Vogelschutz und anderen klappt gut", sagt Köstermeyer. Die Bayerischen Staatsforsten bestätigen das. Kletterer melden über eine App selbst, wenn sie brütende Vögel im Gestein bemerken. Außerdem gibt es im Frankenjura ein Kletterkonzept, "das immer als vorbildlich zitiert wird", sagt Köstermeyer. An den Felsen in der Fränkischen Schweiz hängen Schilder, die darüber aufklären, wo wann geklettert werden darf, und wo nicht.

Wenn die Kletterfans die Natur respektieren, nicht allzu viel Lärm machen und ihren Müll wieder mitnehmen, freuen sich Köstermeyer und Kollert über jeden Gast, der in der Fränkischen Schweiz an den frisch sanierten Routen nicht nur die Seele, sondern auch das Kletterseil baumeln lässt.

Ein Kletterer hängt an einem Seil und klopft gegen den Felsen, um seine Qualität zu prüfen.
Bildrechte: BR/Isabel Pogner
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In der Fränkischen Schweiz tauschen Kletterer an den Felsrouten Metallhaken aus, die in die Jahre gekommenen sind.

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